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Die strategische Bahnstrecke
Zwischen 1904 und 1911 wurde eine strategische Strecke, die Ruhr-Mosel-Entlastungslinie, projektiert. Die zweigleisige Strecke sollte abseits der großen Städte von Holzheim (bei Neuss) über Horrem, Liblar (heute Erfststadt) und Rheinbach bis Rech an die Ahrtalbahn führen. Über die Ahrtalbahn und Eifelstrecke konnten die Züge das Saarland und Lothringen erreichen, was von den Militärs zum raschen Aufmarsch deutscher Truppen gegen Frankreich gefordert wurde.
Die Bauarbeiten begannen 1911 und wurden nach dem ersten Weltkrieg durch Frankreich gestoppt. Dennoch waren die Arbeiten schon weit fortgeschritten: auf dem Abschnitt Holzheim - Rommerskirchen war ein 13 km langer Bahndamm errichtet worden. Die Weiterführung von Rommerskirchen über Niederaußem und Horrem bis Liblar war komplett fertiggestellt und zwischen Liblar und dem Ahrtal existierten die Trasse sowie fast alle Hochbauten. Eine große Herausforderung stellte der Abschnitt von Ringen hinab in das Ahrtal dar. Hier musste ein Höhenunterschied von 120 Meter überwunden werden, was den Bau von fünf Tunnels mit einer Gesamtlänge von 3,75 Kilometer nötig machte.
Ferner sollte eine weitere eingleisige Strecke von Ringen hinab in das Ahrtal nach Bad Bodendorf führen und so den Anschluss an die Rheinstrecken herstellen. Von diesem Projekt wurden bis 1926 nur die Unterbauten der Trasse von Ringen bis zum geplanten Bahnhof Nierendorf hergestellt. Aus Kostengründen wurden die Arbeiten dann eingestellt.
Heute sind von der strategischen Strecke nur noch zwei Abschnitte in Betrieb: Zwischen Rommerskirchen und Niederaußem wird die Strecke im Güterverkehr genutzt und zwischen Horrem und dem ehemaligen Abzweig Martinswerk verkehrt die „Kongo-Bahn“ RB38.
Während ein großer Teil der Trasse beim Bau der Autobahn A61 überbaut wurde, kann man vielerorts noch Relikte dieses recht interessanten Kapitels deutscher Eisenbahngeschichte finden. Auch in Zukunft werde ich mich an die unvollendete, strategische Strecke auf Spurensuche begeben, um diese Galerie zu erweitern…
Die erste Karte zeigt den Verlauf der strategischen Bahn im Ahrtal zwischen Rech und Ahrweiler.
Zwischen Rech und Mayschoß sollte die „Strategische Bahnstrecke“ am geplanten Abzweig Rech in die Ahrtalbahn münden. Die Aufnahme vom 18.4.2015 zeigt die Hanggalerie am südlichen Portal des Herrenbergtunnels. Das Tunnelportal wurde allerdings abgerissen und der Tunnel verschlossen. Im Hintergrund ist die Saffenburg zu erkennen.
Noch einmal die Hangbefestigung bei Rech. In der Bildmitte befand sich einst das westliche Tunnelportal des 336 Meter langen Herrenbergtunnels, welches gesprengt und verschlossen wurde. 11.9.2020.
Am 7.9.2016 fährt die Regionalbahn 11111 aus Ahrbrück bei Dernau nach Bonn Hbf. In der Bildmitte, oberhalb der Häuser, ist die Trassierung der strategischen Bahn sehr gut zu erkennen.
Der oberhalb von Dernau gelegene, 130 Meter lange, Sonderbergtunnel wird heute als Lager genutzt. Die Aufnahme zeigt das südliche Portal des Tunnels. Die Trasse Richtung Rech ist nach den Flurbereinigungen in den 70er Jahren nicht mehr zu erkennen!
Zwischen dem Sonderberg-Tunnel und dem Trotzenberg-Tunnel waren aufwändige Kunstbauten nötig. Links im Bild ist ein Teil des Nordportals des Sonderberg-Tunnels zu sehen, dem sich die hohen Bögen der Hangsicherung anschließen.
Zu Zeiten des „Kalten Krieges“ wurden die Röhren des Trotzenberg-Tunnels und des Kuxberg-Tunnels in die Errichtung des Regierungsbunkers mit einbezogen. Unter dem Decknamen „Dienststelle Marienthal“ erstreckte sich hier in den Weinbergen eine Bunkeranlage von insgesamt 17,3 Kilometern! Die Bunkeranlage wurde Ende der 90er Jahre stillgelegt und bis 2006 entkernt. Das Foto vom 7.9.2016 zeigt das umgestaltete Südportal des Trotzenberg-Tunnels.
Ebenfalls erhalten ist das Südportal des Silberbergtunnels, in dem die Bewohner von Ahrweiler im zweiten Weltkrieg Zuflucht gefunden hatten. Dieses Portal wurde vom Heimatverein „Alt-Ahrweiler" in eine Gedenkstätte umgewandelt. 7.6.2010
Oberhalb von Ahrweiler Markt finden sich noch Relikte der „Unvollendeten", einer Bahnstrecke die einst von Liblar bis Rech führen sollte. Die Bauarbeiten wurde 1910 begonnen und 1923 auf Anweisung der französischen Besatzungsmacht abgebrochen. Einige Bauten wie die Pfeiler des Adenbachtalviadukts sind bis heute erhalten. 7.6.2010
Ein Blick auf die Brückenpfeiler zeigt, dass diese nur noch für eine eingleisige Strecke errichtet wurden. Grund dafür waren Vorgaben aus dem Versailler Vertrag.
Auf der zweiten Karte ist die Trasse im Bereich Ringen zu sehn. Der fertiggestellte Bahndamm Richtung Norden wurde 1968 für den Bau der Autobahn A61 genutzt. Ebenfalls eingezeichnet ist die geplante Strecke bis Nierendorf. Während zwischen Ringen und Nierendorf lediglich der Unterbau errichtet wurde, kam die Weiterführung nach Bad Bodendorf über das Planungsstadium nicht hinaus.
Im Rheinbach sollte die Strategische Bahn mit der Voreifelbahn (heute S23) verknüpft werden. Heute findet man östlich des Bahnhofs noch den Rest der Rampe zum Kreuzungsbauwerk über die KBS475.
In Rheinbach kann man auch heute noch Reste der strategischen Bahn finden: Am Morgen des 27.6.2011 verlässt die 218 208 mit der RB11621 nach Bonn Hbf den Bahnhof Rheinbach . Auf der Brachfläche im Vordergrund sollte die Strecke leicht ansteigend zum ehemaligen Überführungsbauwerk, das auf Höhe des heutigen Haltepunkts Rheinbach-Römerkanal lag, verlaufen.
Auch nördlich von Rheinbach wurde die Trasse durch die Autobahn A61 überbaut. Erst an der Eifelstrecke finden sich wieder Spuren: Ab Erftstadt (früher Liblar) sollte die strategische Bahnstrecke etwa zweieinhalb Kilometer parallel zur Eifelstrecke Richtung Süden verlaufen, ehe sie diese kreuzt und südöstlich verschwenkt. Am 25.2.2019 passiert die Regionalbahn 11421 nach Kall die Reste des Kreuzungsbauwerks.
Auf der vierten Karte ist der Streckenverlauf zwischen Mödrath und Liblar zu erkennen. Die Strecke wurde 1898/1899 von der Westdeutschen Eisenbahngesellschaft in Meterspur errichtet. Unter der Regie der Mödrath-Liblar-Brühler Eisenbahn erfolgte 1904 der Umbau, mittels einer dritten Schiene, zur Regelspurstrecke. Ab 1913 war die Strecke verstaatlicht und zählte zur Preußischen Staatsbahn. 1964 wurde der Reisezug- und 1965 der Güterverkehr eingestellt.
Der Verlauf der „strategischen Bahnstrecke“ im Bereich Rommerskirchen/Horrem ist in der fünften Karte eingezeichnet. Auf der heutigen KBS481 ist der ehemalige Abzweig Martinswerk am Kilometersprung km 9,7/km 20,0 (Streckenwechsel) zu erkennen.
Die heutige Strecke Rommerskirchen – Niederaußem, welche einst zur „Bergheimer Kreisbahn“ gehörte, sollte auch in das Projekt integriert werden. Dazu wurde 1926 eine Verbindungsstrecke Richtung Quadrath-Ichendorf gebaut, die bereits 1971 stillgelegt wurde. Nahe dem ehemaligen Bahnhof Rheit fährt die Kölner 290 174 am 12.7.1993 aus Niederaußem kommend nach Rommerskirchen.
Im weiteren Verlauf nach Holzheim war ich noch nicht auf Spurensuche. Lediglich auf einer Aufnahme aus Rommerskirchen sind Relikte der strategischen Strecke zu finden: Am 9.4.1999 durchfährt die 103 123 mit dem D1820 den Bahnhof Rommerskirchen. Links neben der Lok sind die Widerlager für die geplante Brücke über die KBS465 zu sehen.